Ethikrichtlinien von EMDRIA Deutschland e.V.

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Kontakt zur Ethikkommission:
ethik@emdria.de


Präambel
Die Behandlung mit der EMDR-Methode erfolgt im Rahmen der allgemeinen psychotherapeutischen Richtlinien basierend auf den ergänzenden Ethikrichtlinien der jeweiligen ärztlichen und psychotherapeutischen Kammern und sind für jedes Mitglied von EMDRIA Deutschland verpflichtend. Die Unterwerfung unter die niedergelegten Ethikrichtlinien und die satzungsgemäß vorgesehenen Sanktionen gelten darüber hinaus auch für Nichtmitglieder.

Mit Beantragung der Zertifizierung als EMDR-Traumatherapeut/in verpflichtet sich jede/r Kollege/in zur Einhaltung der in den folgenden Abschnitten aufgeführten berufsethischen Grundsätze.

Die Ethik-Leitlinien ergänzen die Satzung von EMDRIA.


Ethische Grundsätze von EMDRIA

I. Allgemeine Ethische Grundsätze
1. Die Arbeit eines/r EMDR-Traumatherapeuten/in ist ausgerichtet auf die Aufarbeitung von belastenden Erlebnissen, die häufig durch Grenzüberschreitungen bei den Patienten/innen gekennzeichnet sind. Insofern ist in der Therapie mit Traumapatienten/innen ein besonderer Schutz der jeweiligen individuellen Grenzen von besonderer Bedeutung. Jeder/jede  EMDR-Traumatherapeuten/in ist verpflichtet, berufsethische Grundsätze zu respektieren, die Abhängigkeit der Patienten/innen nicht auszunutzen, die besondere psychotherapeutische Beziehung zu schützen und die eigene Kompetenz zu sichern.
2. Es ist die Aufgabe des/r EMDR-Traumatherapeuten/in, sich auf die erhöhten Anforderungen, wie sie für die Aufarbeitung psychischer Traumatisierungen erforderlich sind, entsprechend vorzubereiten und Vorsorge zu treffen. Dazu muss er/sie die Grenzen des therapeutischen Raumes verlässlich und sicher herstellen und bewahren. Die  Verantwortung dafür endet nicht mit der Beendigung der therapeutischen Arbeitsbeziehung.
3. Dies gilt in gleicher Weise für Beziehungen im Rahmen der Selbsterfahrung von Kollegen/innen und in der Supervision für Ausbildungskandidaten/innen.


II. Spezielle Ethische Grundsätze
Insbesondere muss ein/e zertifizierte/r EMDR-Traumatherapeut/in  und/oder ein EMDRIA-Mitglied (im Folgenden der/die Therapeut/in genannt) folgende Grundsätze beachten:

1. Gestaltung der Beziehung zu Patienten und Patientinnen
Der/die Therapeut/in achtet jederzeit die Würde und Integrität eines/r Patienten/in.

  • Der/die Therapeut/in ist verpflichtet, den therapeutischen Prozess durch Abstinenz zu sichern. Daraus folgt, dass er/sie niemals seine/ihre Autorität und professionelle Kompetenz missbräuchlich dafür einsetzt, durch den/die Patienten/in oder dessen/deren Familie Vorteile zu erzielen.
    • Hierzu gehört jedwede Form der Hinnahme von Zuwendungen finanzieller oder sonstiger materieller Natur, die nicht leistungsangemessen sind.
    • Insbesondere nimmt er/sie keine sexuelle Beziehung zu Patienten/innen auf und nimmt nicht während oder nach der Psychotherapie an dem/der Patienten/in sexuelle Handlungen vor oder lässt diese zu.
      Es ist im Sinne des Abstinenzgebotes unzulässig, wenn der/die Therapeut/in eigene Bedürfnisse emotionaler, sexueller, wirtschaftlicher und sozialer Art missbräuchlich realisiert – auch dann, wenn der/die Patient/in dieses bewusst wünscht.
    • Für den/die Therapeut/in gilt das Abstinenzgebot auch über die Beendigung der psychotherapeutischen Arbeitsbeziehung hinaus und endet frühestens nach einem Jahr.
  • Zur Verantwortung des/der Therapeut/in gehören ebenfalls Zuverlässigkeit, klare Absprachen über Terminvereinbarungen, das therapeutische Setting und Honorare und eine grundsätzliche Informations- und Aufklärungspflicht.

2. Schweigepflicht und Datenschutz
Der/die Therapeut/in verpflichten sich zur Wahrung des Berufsgeheimnisses und zur aktiven Sicherung der ihnen anvertrauten Informationen.

  • Sie behandeln Informationen über Personen und Institutionen, die sie im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit erhalten, vertraulich.
  • Die Weitergabe solcher Informationen ist nur statthaft, wenn sie im Interesse der Betroffenen und mit deren ausdrücklicher Einwilligung geschieht.
  • Ist die Weitergabe von Informationen durch gesetzliche Bestimmungen vorgeschrieben und/oder durch eine zuständige Behörde angeordnet worden, muss dies den betroffenen Personen unter Angabe von Grund und Inhalt der Information mitgeteilt werden.
  • Der/die Therapeut/in sorgen dafür, dass alle Dokumente, die vertrauliche Informationen enthalten, vor dem Zugriff Dritter geschützt werden.
  • Der/die Therapeut/in beachtet die Informations- und Aufklärungspflicht gegenüber seinen/ihrem Patienten/innen unter wissenschaftlich-psychotherapeutischen Gesichtspunkten.
  • Mitteilungen des/der Patienten/in behandelt der/die Therapeut/in vertraulich, auch über dessen/deren Tod hinaus, soweit gesetzliche Bestimmungen nichts anderes zwingend gebieten.
  • Die Diskretions- und Schweigepflicht gilt auch für folgende Situationen:
    • wissenschaftliche Veröffentlichungen
    • Supervisionen und kollegiale Beratungen
    • den vorsorglichen Datenschutz bei eventuell eintretender Berufsunfähigkeit oder Tod des/der Therapeut/in im Hinblick auf alle Aufzeichnungen über Patienten/innen.

Im Übrigen gelten die Regeln der berufsbezogenen Kammern.

3. Berufliche Kompetenz
Verantwortliches therapeutisches Handeln erfordert fachliche Kompetenz.

  • Der/die Therapeut/in informiert sich über die rechtlichen Bedingungen seiner Berufstätigkeit kontinuierlich.
  • Der/die Therapeut/in nehmen eigenverantwortlich an geeigneten
    • Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen sowie
    • Supervisionen und/oder
    • Intervisionen teil.
  • Sie beschränken ihre Tätigkeit auf den Rahmen ihrer Kompetenz und ziehen gegebenenfalls Kollegen/innen oder andere Fachleute zu Rate und sind gegebenenfalls zu weiterer persönlicher Selbsterfahrung bereit (um eine eigene psychische Störung zu behandeln).
  • Bei Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit, z.B. im Fall einer Krankheit oder bei Befangenheit, treffen der/die Therapeut/in angemessene Vorkehrungen.

4. Kollegiales Verhalten
Der/die Therapeut/in begegnen ihren Berufskollegen/innen mit Respekt, üben keine unsachliche Kritik an deren Berufsausübung und enthalten sich diskriminierender Äußerungen. Sie achten darauf, dass interkollegiale Konflikte fair und ohne Machtmissbrauch ausgetragen werden.

5. Forschungsvorhaben
Forschungsvorhaben, die EMDR als Teil der Forschung enthalten, können nur mit Zustimmung durch eine Ethikkommission durchgeführt werden.
Auch gehört es zu den ethischen Verpflichtungen eines EMDRIA-Mitglieds, das geistige Eigentum (z.B. Forschungsideen, -ergebnisse und Arbeiten) eines anderen zu achten und bei erlaubter Verwendung zu kennzeichnen.


III. Verfahren bei Missachtung der ethischen Grundsätze
Bei Hinweisen auf Missachtung der ethischen Richtlinien ermittelt die Ethikkommission den Sachverhalt und legt ihn der Schiedskommission bei konkretem Verdacht eines Verstoßes vor. Die Schiedskommission empfiehlt dem Vorstand, ob und welche Sanktionen ausgesprochen werden sollen. Die Sanktionsgewalt obliegt dem Vorstand.

Ethikkommission
Die Mitglieder der Ethikkommission werden vom EMDRIA Vorstand ernannt und von der Mitgliederversammlung bestätigt. Sie besteht aus mindestens 5 Personen und wird für einen Zeitraum von 2 Jahren ernannt. Eine Wiederernennung ist möglich. Zur Vermeidung von Loyalitätskonflikte, sollen sie nicht gleichzeitig in leitender Funktion in den EMDR-Ausbildungsinstituten tätig sein.

Aufgaben der Ethikkommission sind:

  1. Ansprechpartner zu sein für Patienten/innen und Ausbildungskandidaten/-innen, die wegen möglicher Grenzüberschreitungen im therapeutischen Prozess in Bedrängnis geraten sind.
  2. Ebenfalls Ansprechpartner zu sein für ratsuchende Therapeuten/innen, die entweder sich selbst in einer ethisch fragwürdigen Situation befinden oder von möglicherweise ethisch fragwürdigem Verhalten eines/r Therapeut/in erfahren haben.

Die Tätigkeit der Ethikkommission besteht ausschließlich darin, anzuhören, zu klären und zu beraten. Bei einem Anlass werden mindestens zwei Ethikkommissionsmitglieder als Ansprechpartner tätig. Die Entscheidung, ob ein Vorgang der Schiedskommission vorgelegt werden soll, trifft die Ethikkommission mit einfacher Mehrheit, wobei mindestens die Hälfe der Mitglieder anwesend sein muss. Grundsätzlich sind die Mitglieder der Ethikkommission gegenüber Dritten zum Schweigen verpflichtet.
Anfallende Kosten sind mit dem/der Kassenwart/in von EMDRIA zu klären.

Mitglieder der Ethikkommission können nicht gleichzeitig der Schiedskommission angehören.


Schiedskommission

1. Aufgaben
Die Schiedskommission wird tätig bei Beschwerden oder Streitigkeiten, die sich aus der möglichen Verletzung der Ethikrichtlinien von EMDRIA ergeben. Ihre Aufgabe ist die Klärung, Schlichtung und gegebenenfalls die Empfehlung von Sanktionen durch den Vorstand von EMDRIA.

2. Zusammensetzung und Beschlussfähigkeit
Die Die Schiedskommission wird vom EMDRIA Vorstand ernannt und von der Mitgliederversammlung bestätigt. Sie besteht aus 3 Personen und 2 Stellvertretern/innen und wird für einen Zeitraum von 4 Jahren ernannt. Beide Geschlechter sollen vertreten sein. Mitglieder und Stellvertreter/innen müssen eine mindestens dreijährige eigene anerkannte psychotherapeutische Tätigkeit (abgeschlossene anerkannte Psychotherapieausbildung/ Approbation als Psychotherapeut/in) nachweisen. Eine Wiederernennung ist möglich. Zur Vermeidung von Loyalitätskonflikte, sollen sie nicht gleichzeitig in leitender Funktion in den EMDR-Ausbildungsinstituten tätig sein.
Die Mitglieder der Kommission können bei Bedarf externe juristische oder kollegiale Hilfe in Anspruch nehmen. Anfallende Kosten sind mit dem/der  Kassenwart/in von EMDRIA zu klären.
Die Kommission entscheidet mit einfacher Mehrheit, ob und ggf. welche Sanktionen vom Vorstand von EMDRIA Deutschland ausgesprochen werden sollen. Wird von einer der beteiligten Parteien der Verdacht der Befangenheit eines Kommissionsmitglieds vorgetragen, entscheidet der Vorstand von EMDRIA Deutschland über den Befangenheitsantrag. Bei Befangenheit eines Mitgliedes tritt ein/eine Vertreter/in in Funktion.

3. Ablauf des Schiedsverfahrens
Die Ethikkommission berichtet der Schiedskommission. Die beschwerdebeklagte Person wird von der Kommission schriftlich aufgefordert, sich innerhalb eines Monates zu der Beschwerde schriftlich zu äußern.
Die Schiedskommission muss anhand des ihr vorliegenden Materials entscheiden, ob auf Seiten der beschwerdebeklagten Person ein ethisch fehlerhaftes Verhalten vorliegt. Sie entscheidet mit einfacher Mehrheit und empfiehlt sie dem Vorstand, ob und ggf. welche Sanktion ausgesprochen werden sollte. Die endgültige Entscheidung trifft der Vorstand.

4. Sanktionen
Folgende Sanktionen kann die Schiedskommission u.a. empfehlen:

Für EMDRIA Mitglieder:

  • Aussprechen einer Verwarnung
  • Befristete Suspendierung der Mitgliedsrechte in einem Gremium von EMDRIA
  • Aufhebung der Mitgliedschaft in einem Gremium von EMDRIA
  • Befristete Suspendierung aller Mitgliedsrechte bei EMDRIA
  • Ausschluss aus dem Verein

Für zertifizierte EMDR-Therapeuten/innen:

  • Aussprechen einer Verwarnung
  • efristete Aberkennung der Zertifizierung als EMDR-Therapeut/in, EMDR-Supervisor/in
  • Aberkennung der Zertifizierung als EMDR-Therapeut/in, EMDR-Supervisor/in

Es bleibt dem Vorstand vorbehalten, über den Vorgang die berufsständischen Kammern zu informieren.


Stand: 26. März 2007
geändert auf der MV am 12.03.2011
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